Wir haben ein Interview geführt mit Sadullah Kendir, dem Opa von Teoman.
Sadullah Kendir kam 1973 als sogenannter Gastarbeiter nach Deutschland und hat uns erzählt, wie er die Wiedervereinigung miterlebt hat. Damals hat er die Dönerbude am Görlitzer Bahnhof betrieben.
In unserem Interview erzählt er uns seine Geschichte:
Teoman & Khaled (T.K.): Hallo und herzlich willkommen. Kannst du dich bitte als Erstes vorstellen.
Sadullah Kendir (S.K.): Mein Name ist Sadullah Kendir, ich bin 75 Jahre alt. Ich bin im Jahr 1973 nach Deutschland gekommen. Jetzt bin ich in Rente.
(T.K.): Wann und wie bist du nach Deutschland gekommen?
(S.K.): Ich bin im April 1973 mit dem Flugzeug aus der Türkei über München nach Berlin gekommen.
(T.K.): Und warum bist du nach Deutschland gekommen?
(S.K.): Ich bin nach Deutschland gekommen, weil ich mich in der damaligen politischen Lage in der Türkei nicht wohl gefühlt habe. Außerdem dachte ich, dass es meiner Familie und mir in Deutschland wirtschaftlich besser gehen wird.
(T.K.): Was hast du damals über die Berliner Mauer gedacht?
(S.K.): Ich habe gedacht, dass die Ost-Berliner nicht frei waren. Sie durften sich nicht über die Grenze frei bewegen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass auch ich irgendwie eingesperrt war. Nach dem Mauerfall habe ich mich viel freier gefühlt und hatte dieses vorherige Gefühl auch nicht mehr.
(T.K.): Was hat sich nach der Wiedervereinigung Deutschlands für dich geändert?
(S.K.): Für mich persönlich hat sich nicht viel geändert, weil ich selbständig war. Doch für andere Einwanderer, die in Fabriken gearbeitet haben, wurde es schwer. Nicht viele konnten ihre Arbeitsverhältnisse beibehalten. Die Arbeitskräfte aus dem Osten wurden zum Teil bevorzugt. Die Anzahl der arbeitslosen Einwanderer ist dadurch gestiegen.
(T.K.): Hast du dich schon mal ausgeschlossen gefühlt?
(S.K.): Nein, ich habe mich nie ausgeschlossen gefühlt.
(T.K.): Welche Bedeutung hat für dich der 03. Oktober?
(S.K.): Der 03. Oktober ist für mich ein wichtiger Tag. Es ist ein sehr wichtiges Ereignis in der Weltgeschichte.
(T.K.): Hattest du nach dem Mauerfall eher mehr ausländische Kunden oder mehr Deutschstämmige?
(S.K.): Es war ausgeglichen. Da ich am Görlitzer Bahnhof gearbeitet habe, wo viele Einwanderer gewohnt haben und es auch in der Nähe der Grenze war, hatte ich ausländische sowie deutschstämmige Kundschaft, die aus dem Osten waren und bei mir eingekauft haben.
(T.K.): Hättest du je gedacht, dass die Mauer irgendwann fallen wird?
(S.K.): Nein, das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich war sehr überrascht.
(T.K.): Wie hast du den Mauerfall mitgekriegt und was hast du alles erlebt?
(S.K.): Ich habe in meinem Laden am Görlitzer Bahnhof gearbeitet. Der Bahnhof wurde plötzlich ganz voll mit Menschen. Da waren viele, die erzählt haben, dass sie aus dem Osten gekommen sind. Ich war sehr überrascht und mir kam der Gedanke, dass die Mauer gefallen sein könnte. Ich habe drei verschiedene Menschengruppen beobachtet. Die Eine hat Essen bei mir gekauft. Die andere ist zum Bahnhof gegangen. Die letztere ist auf die Knie gegangen und weinend den Boden geküsst. Es gab Leute, die bei mir etwas Essen und Trinken kaufen wollten, die aber kein Geld dabei hatten. Ich habe gerne deren Freude geteilt und spendiert. Dieser Sturm ging ungefähr so zwei Monate lang weiter.
(T.K.): Danke, dass du dir Zeit für uns genommen hast und über deine Erfahrungen und Erlebnisse erzählt hast.
(S.K.): Ihr habt mich in die Vergangenheit gebracht und es hat mir Spaß gemacht, mit euch darüber zu reden. Ich danke euch sehr!
Ein Beitrag von Teoman und Khaled aus der 9a