Ein Beitrag von Lorenz Völker
(Lehrer für Sport und Geschichte und dieses Enrichmentkurses)
Viele Familien der Schüler*innen des Albrecht-Dürer-Gymnasiums sind nach Deutschland eingewandert. Viele Schüler*innen sind auch in Berlin oder Deutschland geboren und sind deutsche Staatsbürger. Das trifft oft auch auf ihre Elterngeneration zu.
In der Öffentlichkeit war lange nicht klar, dass es eine „dritte Perspektive“ im Blick zurück auf das, was seit 1990 geschehen ist gibt: Und somit eine Schnittmenge der Familiengeschichte der Einwanderer und der (vermeintlichen) „Deutschen“. Auch die Bundesrepublik vor 1990 war ein Einwanderungsland, was aber der Mehrheit der Menschen bis heute schwerfällt so zu benennen. Jedes dritte Kind, das in Berlin zu Schule geht, ist eingewandert, so wie jeder Vierte Mensch, der heute in Deutschland lebt.
Aber fühlen sie sich als Deutsche? Was hat der 3.10.2020 mit der Geschichte der Schüler*innen unserer Schule zu tun? Wer feiert an diesem Tag eigentlich was genau? Und: gibt es überhaupt einen Grund zum Feiern? Ist die „Mauer in unseren Köpfen“ nicht wieder höher als je zuvor? Sind wir überhaupt „einig und gleich“?
Auf den ersten Blick ist der 03.Oktober ein Nationalfeiertag „der Deutschen“ – wer diese auch immer genau sein mögen. Aber gerade in Neukölln und den anderen ehemaligen West-Berliner Mauerbezirken wie Kreuzberg oder Wedding hat der Mauerfall und die Wiedervereinigung das Leben der Menschen, speziell der Einwanderer krass verändert: Neben der Freude über die neu gewonnene Freiheit, die als Befreiung erlebt wurde, trat relativ schnell auch eine Konkurrenz um Arbeitsplätze und die gesellschaftliche Mitbestimmung. Diese wurde begleitet von einer bis dahin nicht bekannten Welle von fremdenfeindlichen Überfällen und offenem Rassismus den Einwanderern gegenüber.
Die 15 Schüler*innen des Enrichment-Kurses der Klassen 9a und 10a haben sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und dabei gemerkt, dass es dabei auch um die Frage geht: Was ist eigentlich deutsch für mich? Auf was können, „die Deutschen“ stolz sein, welche Eigenschaften oder Leistungen können sie am 03.10.20 feiern?
Es ist nie zu spät, die eigene (Familien-) Geschichte zu befragen. Aber es wird Zeit, dass nicht nur die Geschichten der Menschen in Ost- und Westdeutschland, sondern ALLER Menschen, die in Deutschland leben, erzählt wird.
Nun sind hier auf dem Blog ihre Antworten und Gedanken zu diesen Fragen in Text, Bild und Ton veröffentlicht. Es ist ein Anfang und wir hoffen, dass sich die Leser ermutigt fühlen, Fragen an ihre eigene Geschichte zu stellen.
Dieses Projekt wurde durch großzügige Spender*innen realisiert, denen wir ganz herzlich für Ihr Engagement danken:
– Nachbarschaftsheim Neukölln e.V. – „Partnerschaft für Demokratie Neukölln“
– Aktion Courage e.V. – „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
– Förderverein des Albrecht-Dürer-Gymnasiums
Die digitale Umsetzung ihrer Ideen haben die Schüler*innen vom Künstler und Medienpädagogen MASCH (Matthias Schellenberger – www.raumbilder.com ) erlernt, ohne dessen Unterstützung dieses Projekt nicht zu realisieren gewesen wäre.
Vielen Dank an alle, die unsere Projekte unterstützen!
Die „Partnerschaft für Demokratie“ hat die Umsetzung der Projektergebnisse in unser Blog gefördert.