„Wie isst man eine Kiwi?“
Ein Interview von Irem Cicek (Klasse 9a) mit Frau Nix (Lehrerin für Mathematik und Geografie).
Ich möchte mit einer lustigen Geschichte anfangen, die mir Frau Nix erzählt hat. Wie viele von euch vielleicht wissen, gab es in der DDR nicht alles, was es in der Bundesrepublik zu kaufen gab, darunter auch Kiwis. Nach dem Fall der Mauer haben Frau Nix und ihr Mann Kiwis gekauft. Zu Hause haben sie die Kiwis in zwei Hälften geschnitten und sich gefragt: „Wie isst man eine Kiwi?“. Sie dachten, man dürfte die schwarzen Kerne nicht essen. Aus diesem Grund haben sie die Kerne mit einem Teelöffel rausgenommen und nur die grüne Frucht gegessen. Irgendwann hat Frau Nix dann mal bei jemand anderem gesehen, dass man die Kiwi auch mit den Kernen essen darf.
Erleben des 09.11.1989
Frau Nix wurde in der DDR geboren und hat von Anfang an mit der Mauer gelebt. Als die Mauer fiel, war sie zu Hause und hat Ferngesehen, weshalb sie vom Mauerfall erst erfuhr, als die Nachrichten liefen. Das Erste, was sie empfand war Ungläubigkeit. Sie fragte sich: „Wie jetzt? Und dann? Machen sie dann wieder zu? Soll das so bleiben?“. Es dauerte recht lange für sie zu begeifen, dass die Mauer tatsächlich offen ist, da sie einfach immer da gewesen war. Sie akzeptierte die Öffnung erst als endgültig, als die D-Mark in der DDR eingeführt wurde. Das war am 1. Juli. 1990, rund 8 Monate nach dem Mauerfall, was sehr spät ist, im Vergleich zu vielen anderen Menschen, welche in der DDR gelebt haben. Frau Nix gehörte nicht zu den Menschen, die sich sehr freuten, als die Mauer fiel. Sie näherte sich der Öffnung der Mauer eher skeptisch. Das hat mich persönlich zunächst gewundert, da ich dachte, dass die meisten Bürger in der DDR sich sehr gefreut haben müssten. Mit dem Mauerfall kamen bei Frau Nix verschiedene Gedanken auf, darunter auch Befürchtungen und Hoffnungen. Sie sah, wie sehr viele Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedelten und wie die Menschen sich freuten. Frau Nix war damals 25 Jahre alt und war Lehrerin an der 14. Polytechnischen Oberschule in Berlin-Hellersdorf. Der Mauerfall war an einem Donnerstag, und als sie Samstag, dem 11. November 1989 in der Schule war, fiel ihr auf, dass sehr viele Schüler nicht anwesend waren, da sie nach West-Berlin gegangen waren. Als die Mauer fiel war ihre Tochter vier und ihr Sohn ein Jahr alt.
Bedeutung
Auf Frau Nix wirkte die Öffnung der Mauer, wie schon erwähnt, eher überraschend und verunsichernd. Sie wusste sie nicht, ob die Mauer geöffnet bleibt oder nicht. Sie machte sich Sorgen, dass ihr Lebensstil sich ändern könne. Sie hatte einen Job, den sie liebte, eine Wohnung und Familie. Sie hatte Angst, dass ihre Kinder keine gesicherte Zukunft mehr haben werden könnten, denn die DDR war dafür bekannt, dass jeder einen Job bekam. Auf der anderen Seite haben ihre Kinder heute mehr Möglichkeiten, denn sie konnten sich für viele Dinge frei entscheiden und „mussten“ nicht in der FdJ (Freie Deutsche Jugend) mitmachen. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) war der sozialistischer Jugendverband. In der DDR war sie die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation. Sie war als Massenorganisation Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule. Wenn ein Kind da nicht mitgemacht hatte, war das nicht gern gesehen.
Das vereinte Deutschland
Durch die Vereinigng Deutschlands wurden das Schulsystem und die Schulen in der DDR geändert. Die polytechnischen Oberschulen wurden durch Gymnasien, Real- und Grundschulen „ersetzt“. Außerdem kamen neue Lehrer aus der Bundesrepublik an die Schule, an der Frau Nix gearbeitet hat, die, wie viele Westdeutsche als „Wessis“ bezeichnet wurden. Durch die DDR hatte Frau Nix, wie einige andere Menschen, ein negatives Bild von den Wessis, doch als die neuen Lehrer*innen kamen, erkannte sie, dass die „Wessis“ nicht schlecht waren. („Wessi“ ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für jemanden, der aus den westdeutschen Ländern stammt.). Durch die Wiedervereinigung Deutschlands eröffneten sich für Frau Nix neue Berufschancen und bekam die Möglichkeit im ehemaligen „Westen“ zu arbeiten.
Hoffnungen
Wie schon gesagt, war Frau Nix zunächst sketpisch. Als Folge der Wiedervereinigung wurden in der DDR die Schulen und das Schulsystem umstrukturiert (1991). Es wurden Gymnasien eingeführt und die Polytechnischen Oberschulen gab es nicht mehr. Dadurch hatte Frau Nix die Chance, sich beruflich weiterzuentwickeln und an einem Gymnasium zu arbeiten. Daneben freute sie sich für ihre Kinder, da diese nun die Chance haben würden ins Ausland zu gehen und neue Erfahrungen zu sammeln. So absolvierte ihre Tochter ein Auslandsjahr in Frankreich. Durch den Fall der Mauer hatten ihre Kinder andere Entwicklungsmöglichkeiten und die Welt stand ihnen und ihrer Familie offen, was Frau Nix mit Hoffnungen erfüllte.
Befürchtungen
Frau Nix hat zwei Kinder, welche noch Kleinkinder waren als die Mauer fiel. Als Mutter machte sie sich Sorgen, dass sich ihr Leben verändern würde, denn sie hatte einen Job, eine Wohnung in der Nähe und einen Kindergarten für die Kinder. Sie hatte Sorge, dass sich ihr Lebensstil ändern würde und ihren Job und die Wohnung verlieren könne, und ihren Kindern nichts mehr zu bieten habe. Außerdem wusste sie nicht, ob der damalige Zustand endgültig bleiben oder wie die Entwicklung weitergehen würde. Sie dachte sich: „Was wird nun aus meinen Kindern? Werden sie weiterhin eine sichere Zukunft haben?“. Das lag daran, dass jeder in der DDR einen Ausbildungsplatz hatte und jeder einen Job bekam. Die Sorgen waren auch geprägt von dem Bild, dass die DDR ihren Bürgern von dem Feindbild Kapitalismus vermittelt hat. Westdeutschland war der Kapitalismus. Kapitalismus bedeutete eine Form der Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage des freien Wettbewerbs und des Strebens nach Kapitalbesitz des Einzelnen.
Leben in der DDR
Frau Nix wurde in der DDR geboren. Sie ging in die Schule, machte ihr Abitur und studierte. In der Schule wurde den Schüler*innen beigebracht, dass es Selbstschussanlagen an der Mauer gibt und dass die Menschen, welche versuchen das Land zu verlassen, selbst daran schuld seien, wenn sie erschossen würden. Ihnen wurde theoretisch beigebracht, dass die DDR nichts Falsches tat. Und daran glaubte Frau Nix auch lange Zeit. Bis die Mauer fiel. Nach dem Mauerfall erhielt sie, im Laufe der Zeit, einen neuen Eindruck von der DDR undder Bundesrepublik. Die Mauer hat sie nicht gestört, sie war halt einfach da. Frau Nix dachte nicht „was wäre wenn“. Seit langem war sie sich sicher, dass sie Mathe und Musik studieren wollte. Das war in der DDR jedoch nicht möglich, weil es nur festgelegte Fächerkombinationen gab, so dass sie sie Mathe und Erdkunde studierte. Sie heiratete im Jahr 1984, zwanzig Jahre jung, was damals nicht unüblich war. Sie beendete ihr Studium und wurde Lehrerin. Am 30.12.1985 bekam sie ihr erstes Kind, eine Tochter. Ihren Sohn bekam sie am 12.08.1988.
Frau Nix war kein Arbeiterkind, da ihre Eltern studiert hatten. Dennoch bekam sie einen Studienplatz, da zu dieser Zeit Lehrer*innen in der DDR gebraucht und Arbeiterkinder bevorzugt wurden. Ihr wurde die Stelle zugeteilt, genauso die Wohnung. Wie erwähnt, war auch samstags Schule. Jedoch hatte sie früher weniger Pflichtstunden (22 Stunden in der Woche), was sie besser fand, da sie mehr Zeit für ihre Kinder hatte. Aber wenn sie rückblickend auf die damalige Zeit schaut, fragt sie sich, wie sie es geschafft hat, auch samstags zu arbeiten. Als sich das Schulsystem änderte und samstags keine Schule mehr war, freute sie sich sehr. Sie wechselte an ein Gymnasium als Lehrerin. „Die Mauer und die DDR haben nicht geschadet“ sagte Frau Nix, jedoch ist sie rückblickend glücklich, dass die Mauer nicht mehr steht. Ihre Kinder hatten einfach mehr Möglichkeiten nach dem Mauerfall, wie zum Beispiel im Ausland eine Ausbildung zu machen. Außerdem funktioniert ein vereintes Deutschland besser, so Frau Nix, da es freier ist. Die Menschen ind er DDR waren nicht wirklich frei und wurden eingeschränkt.
Leben vor und nach der DDR
Vor dem Mauerfall war das Leben von Frau Nix ganz normal. Sie kam 1964 auf die Welt, ging in die Schule, studierte, heiratete, bekam Kinder und hatte einen Job. Die Mauer und DDR hat sie nicht gestört, weshalb sie nie an eine Flucht dachte. Was sie jedoch anfangs störte war, dass sie nach Marzahn-Hellersdorf versetzt wurde, da es damals noch nicht so ausgebaut und wohnlich war. Ihr Leben ist zwar heute nicht besonders anders, denn sie ist immer noch Lehrerin und wohnt auch immer noch im früheren Osten. Jedoch ist es nach eigener Aussagte besser, dass es so gekommen ist, da die Menschen nicht mehr eingeschränkt oder voneinander getrennt sind. Außerdem haben die Menschen nun mehr Möglichkeiten. Frau Nix ist der Meinung; Die DDR habe ihr nichts getan, jedoch anderen Menschen und deswegen sollten Menschen keine Loblieder für die DDR singen. Das soll heißen, dass man die DDR nicht loben solle.
Durch die Geschichte wird erkennbar, dass Menschen in der DDR nicht alles hatten und wussten, was für uns selbstverständlich erscheint, wie z. b. der Umgang mit einer Kiwi zeigte. Während ich das Interview mit Frau Nix führte, hatte ich Spaß und fand es sehr interessant, da ich Neues über sie erfahren habe und es sehr schön war eine andere Sicht kennenzulernen, da die anderen Mauerfallerlebnisse, die ich von Menschen, welche in der DDR gelebt haben, immer mit direkter Freude begannen. Außerdem war das Interview sehr aufschlussreich und es glich einem offenen Gespräch, was es für mich sehr angenehm gemacht hat. Frau Nix hat mir auch einen Witz erzählt, was ich persönlich lustig fand; Warum ist die Banane krumm? „Weil sie einen großen Bogen um die DDR gemacht hat“. Der Witz ist lustig, da es in der DDR kaum Bananen zum kaufen gab. Das Zitat als Überschrift habe ich ausgewählt, da ich die Geschichte als sehr wichtig empfand und denke, dass es zeigt, dass man nicht alles als selbstverständlich ansehen sollte. Zwar hatte Frau Nix anfangs sehr viele Befürchtungen, welche jsich jedoch auf die Zukuft ihrer Kinder bezogen. Durch den Fall der Mauer ist Vieles besser geworden und ex existieren nun mehr Möglichkeiten. Ich denke, dass Frau Nix damals skeptisch war, aus Unsicherheit. Da sie eine Mutter von zwei kleinen Kindern war und sich in erster Linie um ihre Kinder gekümmert hat. Jedoch muss man sagen, dass Frau Nix aus heutiger Sicht sehr glücklich ist, dass die Mauer gefallen ist, da sich neue Türen in ihrem Leben und das Leben ihrer Kinder öffneten. Ich fand ihre Geschichte und Sichtweise auf die DDR und die Mauer sehr spannend und interessant.